In diesem Artikel:
Zeitdruck – Ob Brautpaare oder Fotografen, wir alle kennen folgende Situation
Aus der Sicht des Brautpaares betrachtet
Der Tag der Hochzeit steht an, man hat monatelang akribisch alles von A bis Z durchgeplant, die Trauzeugen wissen was sie zu tun haben (und wann), ist der festen Überzeugung dass alles so klappen wird und verlässt sich darauf. Die Ankunft an der Kirche klappt super, auch die Trauung läuft wie geschmiert ab. Der Auszug aus der Kirche ebenso wie der Sektempfang, alles prima. Ab hier schleicht sich oft, ganz langsam, das Chaos ein. Je nachdem was man geplant hat wo das Brautpaarshooting und die Gruppenfotos gemacht werden sollen (vor allem WANN) lösen sich Gäste urplötzlich in Luft auf. Wie, das geht nicht? Und ob das geht! Dies sind bereits die ersten Anzeichen für ein sich langsam einschleichenden Zeitdruck.
Angenommen man hat geplant die Gruppenfotos nicht an der Kirche zu machen sondern an der Feierlocation, weil es da einen schönen Park gibt, tolle Plätze oder ähnliches. Nun müssen alle Gäste von der Kirche aus dort hinfahren, manche sind dabei recht fix, andere brauchen ewig bis sie da sind. Das ist nicht mal das schlimmste, aber es gibt darunter auch welche die nicht richtig informiert wurden und anstatt sich zu den Gruppenfotos einzufinden, ganz woanders hinfahren, meist zur Feierlocation.
Nun steht das Brautpaar mit dem Fotografen an dem ausgesuchten Platz für die Gruppenfotos und nur die hälfte der Gäste, Familie, Freunde sind ebenfalls dort. Die andere Hälfte muss erst einmal gesucht und zusammengetrommelt werden. Das dauert mitunter schon mal eine halbe Stunde. Mit Fahrzeit von der Kirche aus und Fußweg vom Parkplatz zum Shootingort vergeht da schnell eine ganze Stunde. Zeit die von der gebuchten Zeit des Fotografen abgeht. Ab hier steht man als Trauzeuge völlig unter Strom. Es ist Zeit die in der Planung nicht mit einberechnet wurde weil es für solche Fälle keinen Zeitpuffer gibt, eigentlich steht jetzt schon der nächste Punkt auf der Tagesordnung an.
Und so wird versucht die Gruppenfotos und das Brautpaarshooting so schnell wie irgend möglich hinter sich zu bringen.
Aus der Sicht des Fotografen
Zeitdruck betrifft letztendlich auch mich als Fotografen. Ich habe die Ankunft des Brautpaares und Gäste fotografiert, auch die Trauung und der Auszug aus der Kirche hat prima geklappt. Ich bin als erster an der vereinbarten Location für das Brautpaarshooting und die Gruppenfotos. Als erster? Ja! Brautpaar und Gäste brauchen nach der Trauung immer etwas länger um sich „loszureißen“ und auf den Weg zu machen. Ich dagegen mache mich auf dem Weg wenn ich meine Aufgaben am Trauungsort erledigt habe. Ich muss die persönlichen Gespräche zwischen Brautpaar und Gäste ja nicht auch noch fotografieren, macht keinen Sinn.
Ich bin also an der vereinbarten Location und baue mein Equipment auf, dann warte ich. Manchmal warte ich ziemlich lange, aber das ist nicht schlimm, schließlich kenne ich das bereits, der vorab zurechtgelegte Plan funktioniert selten. Nach und nach kommen dann Brautpaar und Gäste an. Da fehlt aber noch die hälfte, also wartet man weiter.
Das Brautpaar wird langsam ungeduldig weil wichtige Familienmitglieder noch nicht da sind, Oma und Opa nicht zu sehen sind und auch die Trauzeugen fehlen. Ich mache dann immer den Vorschlag schon mal mit den Personen zu beginnen die bereits da sind, was gerne angenommen wird. Zwischen den Bildern wird immer wieder mal nach den verschwundenen Gästen gefahndet und es kommen doch noch weitere hinzu. Dass das im Chaos endet ist vorprogrammiert. Das Shooting wird immer wieder unterbrochen weil noch jemand fehlt, es wird nach Personen gesucht, jemand fährt zur Feierlocation um zu gucken ob die vielleicht dort sind und bringt sie dann mit. Das alles ist stressig für das Brautpaar, was man auch sehr deutlich merkt.
Es kostet Zeit, wertvolle Zeit, denn die Gruppenfotos sollten längst gemacht sein und ich mit dem Brautpaar schöne Hochzeitsportraits machen. Diese Zeit fehlt jetzt, nicht selten weil es gleich schon Essen gibt und das Brautpaar ständig auf die Uhr schaut um nicht zu spät zu kommen. So werde ich durch das Hochzeitportrait- Shooting gescheucht (eigentlich scheuche ich mich selber denn ich möchte das Brautpaar ja nicht zu spät kommen lassen) und komme nur selten dazu alle Ideen die ich mir zurechtgelegt habe auch umzusetzen, denn auch das braucht Zeit, Zeit die ich nicht mehr habe weil auch ich jetzt unter Zeitdruck stehe. Es wurden sogar schon Shootings abgebrochen weil es von der Zeit nicht mehr gepasst hat und das Brautpaar nun dringend zur Feierlocation muss.
Stress wirkt sich auf die Fotos aus
Viel schlimmer als Zeitdruck, den damit verbundenen Stress für das Brautpaar, ist die Tatsache dass man es auf den Bildern sehen kann.
Ein entspanntes Shooting wirkt sich auch auf die Fotos aus, Gäste und Brautpaar sind viel lockerer, lachen, sind fröhlich und haben Spaß an dem Fotoshooting. Ein unter Zeitdruck stehendes Brautpaar und Gäste sind dagegen eher passiv, wirken oft nervös. Man merkt das die Lust auf das Shooting bei vielen nicht (mehr) vorhanden ist. So schauen sie dann leider auch in die Kamera. Es ist dann meine Aufgabe die Stimmung anzuheben, Brautpaar und Gäste wieder zu motivieren, auch wenn ich mich dafür zum Clown machen muss um die Gruppe zum lachen zu bringen. Hauptsache alle haben Spaß denn den sieht man auf den Fotos. Leider gelingt das nicht immer was dann sehr schade ist.
Aufgabe für Trauzeugen: Zeitdruck unbedingt vermeiden
Das folgende richtet sich nicht an das Brautpaar sondern an die Trauzeugen, denn es ist deren Aufgabe für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen und organisatorisches vom Brautpaar fern zu halten.
Liebe Trauzeugen, nehmt eure Aufgabe wahr, denn Sie endet nicht am Tag der Hochzeit bei Ankunft im Standesamt oder an der Kirche. Ich habe viele Hochzeiten fotografiert und dabei oft gemerkt das Trauzeugen durch passives Verhalten geglänzt haben. Dadurch entstehen unter anderem oben genannte Situationen, dabei ist es so einfach sie zu vermeiden.
Nach der Trauung, ob Standesamt oder Kirche, geht auf ALLE Gäste zu und informiert diese über den weiteren Ablauf. Das kann mündlich erfolgen oder (und das ist die bessere Variante) durch einen kleinen Handzettel. Auf diesem Handzettel kann zum Beispiel vermerkt sein wo die Gruppenfotos gemacht werden, mit Adresse/Wegbeschreibung/Skizze, wie spät man vor Ort sein soll um einen reibungslosen Ablauf zu haben und wie lange es ca. dauern wird (mit dem Fotografen vorher absprechen!).
Oftmals sind Gäste zwar im Vorfeld über den Ablauf informiert worden, haben es aber wieder vergessen. Manchmal weil dazwischen viel Zeit vergangen ist, oder auch aus Altersgründen. Mit dieser Variante, dem erneuten Informieren nach der Trauung, ist sehr viel (vor allem stressfreie Zeit) gewonnen und jeder ist wieder über den weiteren Ablauf im Bilde. Ihr tut damit dem Brautpaar einen riesigen Gefallen wenn ihr das in die Hand nehmt und verschafft ihnen dadurch viel mehr Zeit für die schönsten Hochzeitsportraits.
Wenn Ihr das, neben euren vielen anderen Aufgaben, hin bekommt, dann habt ihr wirklich einen guten Job gemacht und Brautpaar sowie Fotograf werden euch dafür dankbar sein.