Die Diskussion über Bildbearbeitung in der Fotografie ist ungefähr so alt wie es entsprechende Programme zur Bearbeitung, wohlgemerkt digitalen Fotos, gibt. Es wird sie auch in Zukunft geben, immer und immer wieder.
In diesem Artikel:
Damals und Heute
Die eine Seite, zumeist ältere Generation und aus analogen Zeiten kommend, bevorzugen minimalistische Bearbeitungen eines Fotos um deren Authentizität nicht zu verfälschen. Es wird zwar etwas an dem Foto bearbeitet, aber nach Möglichkeit so dass es niemanden auffällt.
Die andere Seite, oft jüngere die mit dem Thema Bildbearbeitung groß geworden sind, greifen da gerne mal ins volle und schieben Regler ohne Rücksicht auf Verluste von Links nach Rechts – um es mal etwas übertrieben auszudrücken – aber die gibt es nun mal. Hier noch ein Lensflare, da noch ne Korrektur, dort noch die Farben ändern, ect… ect…
Beispiel: Covergirls auf Hochglanzmagazine
Die eine Seite sagt: „Das hat überhaupt nichts mehr mit dem Original zu tun“ und hat natürlich Recht damit. Die andere Seite sagt: „Das muss/soll so, das ist heute so gewünscht und wird erwartet“ und hat damit ebenfalls recht.
Die Kirche im Dorf lassen
Blöd wird es wenn Otto-Normalfotograf, anfängt solche Fotos als Messlatte für seine Shootingergebnisse anzulegen. „Meine Fotos müssen mindestens genauso gut aussehen“ hab ich bereits öfters gehört.
Oft tun sie es sogar, aus technischer Sicht zumindest. Da passt das Licht, die Pose, der Ausdruck, alles, außer die Bearbeitung, die wird gerne mal in den Sand gesetzt. Ein Kollege von mir hat mal ein echt schönes Bild gehabt und es 5x neu bearbeitet weil es nicht seinen Wünschen entsprochen hat.
Ich habe alle 5 Ergebnisse gesehen und wirklich, keins davon sah gut aus, bei dreien gefiel mir das unbearbeitete Foto sogar deutlich besser. Ich bat ihn mir die RAW Datei zuzuschicken um sie selber mal zu bearbeiten. 2 Tage später schickte ich ihm ein Ergebnis zu.
Die Reaktion war eher zurückhaltend denn ich habe wirklich nicht „die Sau rausgelassen“ und das Bild in Lightroom und Photoshop vergewaltigt, sondern bin sinnvoll und überlegt an das Bild ran gegangen. Ein paar Tage später wurde ich gefragt was ich alles gemacht habe, das Bild wäre doch gar nicht so schlecht und kommt bei allen gut an. Manchmal ist weniger eben doch mehr!
Bildbearbeitung ist hilfreich
Man kann mit Bildbearbeitung viel machen und ich mag es Fotos nach meinen Wünschen gestalten zu können ohne, wie zu analogen Zeiten, darauf angewiesen zu sein was hinten aus der Kamera kommt. Die Zeiten habe ich, zurückdenkend an die analoge Fotografie, glücklicherweise hinter mir. Ja ich bearbeite Bilder auch mal etwas drastischer, abhängig vom Motiv und Verwendungszweck natürlich. Folgendes Bild ist da ein gutes Beispiel:
Das Bild entstand bei einer nächtlichen Fototour durch den Medienhafen Düsseldorf und zeigt die Brücke zum Hyatt Regency Hotel. Dieses Original und Bearbeitung (Titelbild oben) unterschieden sich wie Tag und Nacht. An dem Bild wurde ziemlich viel gemacht, aber mir gefällt es so deutlich besser als das eher flaue Original.
Darüber hinaus erhebe ich bei solchen Motiven keinen Anspruch auf dokumentarische Echtheit, dafür habe ich das Motiv aber auch nicht fotografiert.
Ist das Kunst oder kann das weg?
Nicht alles was an Bildbearbeitungen machbar ist, ist auch Kunst. Die Ausrede für ein völlig versautes Bild, ob schon beim fotografieren oder erst bei dem Versuch es in der Bearbeitung zu retten, zieht schon lange nicht mehr. Bildbearbeitung in Maßen, abhängig von Motiv und Verwendungszweck, ist völlig in Ordnung, aber ein zu viel des Guten macht die ganze Arbeit wieder zunichte.
Diskussionen sind dabei meist sinnlos, denn auch das perfekteste Bild findet garantiert seine Kritiker. Man kann es nicht allen recht machen, aber man kann seinen ganz persönlichen Mittelweg finden und ich denke damit hat man schon sehr viel erreicht.